Eishockey ist ohne Frage ein Sport, dessen Verletzungsrisiko nicht zu unterschätzen ist. Die Wucht eines Schlagschusses kann der Zuschauer höchstens dann erahnen, wenn der Puck mal an der Bande einschlägt.
Da verwundert es kaum, wenn von Seiten der Unfallversicherung die Forderung gestellt wird, Eishockey-Profis künftig mit Vollvisier aufs Spielfeld zu schicken, um so Zähne und Kiefer besser zu schützen.
Doch dagegen wehren sich die Spieler mit dem Hinweis auf Einschränkungen und neue Gefahren, die das Visier mit sich brächte. So äußerte sich Stefan Ustorf dahingehend, dass der zusätzliche Schutz die Hemmschwelle für Checks und Attacken gegen den Kopf senken könnte und so mehr Gehirnerschütterungen die Folge wären. Und doch sind Gehirnerschütterungen auch jetzt schon ein Thema, mit dem sich die Mannschaften auseinandersetzen.
Ich persönlich muss sagen, wenn ich mich an den Kieferbruch von Patrick Lebeau in seiner Zeit bei Frankfurt erinnere – ich glaube, er saß auf der Spielerbank – dass ich insbesondere einen Bügel zum Schutz von Kinn und Mund für mehr als gesund halte. Aber es wird sich ja in vielen Sportarten gerne mal gegen verbesserten Schutz des Kopfes gewehrt. Übrigens kommt auch in einem anderen Zusammenhang eine Untersuchung von Helmen ebenfalls zu dem Ergebnis, wie viel zusätzlichen Schutz ein Visier bringen könnte.
Mit all diesem Wissen ist die Geschichte von Andy Brown besonders bemerkenswert. Er war am 7. April 1974 bei der 3:6 Niederlage der Pittsburgh Penguins gegen die Atlanta Flames der letzte Torhüter, der in der NHL ohne Torwartmaske spielte. (Hier hätten wir auch eine Spielszene im Bild.) Wir erinnern uns, der Goalie steht ziemlich genau an der Stelle des Spielfelds, wo im Normalfall die meisten Schüsse landen.
Seit Jacques Plante einst als erster mit Maske spielte, haben sich für das Spiel des Torhüters einige Veränderung ergeben, so können sie heute deutlich gefahrloser auf die Knie gehen. Als diesem übrigens seinerzeit mangelnder Mut unterstellt wurde, verglich er das Spiel ohne Gesichtsschutz mit einem Fallschirmspringer, der aus dem Flieger ohne Fallschirm steigt. Heute nutzen einzelne Torhüter sogar den Kopf ganz bewusst, um Schüsse abzuwehren. Damit wird sich Brown wohl zurück gehalten haben, den Spitznamen der Furchtlose hatte er sich ohnehin zurecht verdient.
Bemerkenswert an Browns Karriere ist ferner, dass er, neben zahlreichen weniger schweren Verletzungen, („His nose was broken multiple times. He had a cracked jaw, along with a broken cheekbone. His eyes would sometimes swell shut, and he lost teeth.“) nur zwei längere Verletzungspausen zu überstehen hatte. Einmal zog er sich eine Muskelzerrung im Rücken zu, das andere Mal musste er am am Rückgrat operiert werden.
Laut Regelwerk wäre es sogar möglich, dass Andy Brown eines Tages einen Nachfolger findet, doch ist eher nicht damit zu rechnen. Hier reicht der gesunde Menschenverstand offensichtlich aus, wenn man andererseits die Gegenargumente zum Visier liest… Aber vielleicht wird ja irgendwo schon an einer ganz anderen Lösung getüftelt, einem Helm-Airbag vielleicht, der schnelle Pucks abfängt.
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