Der Sommer ist für Eishockey-Fans eine schwere Zeit: Spieler und Arenen befinden sich im Urlaub bzw. Dornröschenschlaf und die mageren Nachrichten über Transfers oder erste Testspielverabredungen sind allenfalls als Methadon einzustufen.
Wie schön, wenn das Entertainment dank der Funktionäre dennoch hoch bleibt und für Abwechslung sorgt! Bei den Protagonisten der diesjährigen Aufführung des Sommertheaters – DEB auf der einen, die DEL auf der anderen Seite – sind wir jedenfalls optimistisch, auch im Sommer hochkarätige Unterhaltung bieten zu können. Bereits 2010 („Insolvenz, Inkompetenz, Impertinenz“) und 2011 (Verhandlungen des neuen Kooperationsvertrages) wurden mehrere Aufführungen geboten, denen es an nichts mangelte.
Ob es nun Dilettantismus in Perfektion oder schlicht ein PR-Trick ist, um das Thema Eishockey in den Medien zu halten, vermögen wir nicht zu beurteilen. Wir halten es jedoch für unsere Pflicht, dem Leser den kompletten Wahnsinn in Kurzform zu präsentieren. Sollte ein weiterer Akt aufgeführt werden, wird dieser Beitrag natürlich aktualisiert.
19. April 2013: Oha, das riecht nach Ärger! Die Vereine der 2. Liga lehnen ein Angebot ab, die Saison 2013/2014 unter dem Dach des DEB auszurichten. Die Eishockeybetriebsgesellschaft (ESBG), die den bisherigen Spielbetrieb organisierte, hat die Verträge mit DEB und den Landesverbänden aufgekündigt, die Vereine würden damit ab dem 01. Juni einer „wilden Liga“ angehören und nicht mehr den nationalen und internationalen Verbandsbereichen angehören. Die Clubchefs lehnen die DEB-Pläne ab:
Die Pläne des DEB bieten weder eine zeitgemäße Organisation, noch eine wirtschaftliche Entwicklung, ein neues sportliches Konzept oder irgendeine Perspektive für ein Auf- und Abstiegsmodell
Stattdessen stimmen die Vereine für ein von der DEL vorgelegtes Konzept, als eigenständige zweite Liga anzutreten, die als „DEL II“ firmieren würde.
15. Mai 2013: Nach dem WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft herrscht ein eher ambivalentes Gefühl. Während man einerseits mit dem Auftritt zufrieden sein konnte, nervt das Kompetenzgerangel zwischen DEB und DEL Spieler und Experten. Besonders die Äußerungen von DEB-Präsident Harnos zur Doppelfunktion von Pat Cortina – pikanterweise geäußert kurz vor dem WM-Start – sorgten für Kopfschütteln. Cortina plädiert für eine umfassende Allianz aller Beteiligten zum Wohle des Sports. Christian Ehrhoff und Ex-Spieler Dieter Hegen sehen vor allem im Nachwuchsbereich großen Verbesserungsbedarf. Während der NHL-Star eher eine Reduzierung der Ausländerlizenzen favorisiert, sieht Hegen in der kurzen DNL-Saison ein Problem und fordert die DEL-Vereine auf, mehr in den Nachwuchs zu investieren. Nicht überraschend, dass die Schweiz und ihre Liga nun als Beispiel für gute Jugendarbeit herangezogen werden. Einig sind sich dagegen alle, dass die Unruhen hinter den Kulissen wenig förderlich sind.
27. Mai 2013: Der DEB verlängert die zuvor angekündigte Frist um eine Woche auf den 07.06. und erwartet nun, dass sich die Vereine einem vom DEB organisierten Spielbetrieb unterordnen. Es soll weder einen neuen Vertrag noch eine neue Gesellschaft geben.
Nach Ablauf der Meldefrist sieht sich der DEB gezwungen, nicht gemeldete Teams als nicht angeschlossene Organisationen einzustufen, da ihnen die rechtlich notwendige Anbindung an den DEB und damit an den Internationalen Eishockey-Verband (IIHF) fehlt
Dies würde derzeit auf neun Bundesliga-Klubs zutreffen.
06. Juni 2013: Die beiden Traditionsvereine Tölzer Löwen und der EV Füssen unterstützen den DEB und erteilen einer DEL 2 eine klare Absage. Hintergrund ist die ziemlich klar formulierte Abschaffung von Auf- und Abstieg, denn im Falle einer Unterschreitung von 14 Vereinen dürfte die Liga „nach eigenem Ermessen“ über einen Neueinsteiger bestimmen. Zudem fürchtet man die hohen finanziellen Hürden, die ein Aufstieg mit sich brächte. Prompt wird diese Meinungsäußerung von den ESBG-Vereinen kritisiert, schließlich hätten die Löwen bereits letztes Jahr aufsteigen können, haben aber von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht. Rene Rudorisch von den Eispiraten Crimmitschau:
Wir finden es schade, dass sich ausgerechnet ein Club vor den Karren des Deutschen Eishockey-Bundes e.V. (DEB) spannen lässt, der maßgeblich vom professionellen Spielbetrieb profitiert hat und trotz einer Pleite wegen Misswirtschaft nur durch das Wohlwollen der Clubs wieder in den Oberliga-Spielbetrieb eingegliedert werden konnte. (…) Einerseits führt Tölz einen geregelten Auf- und Abstieg selbst ad absurdum, andererseits tut man so, als ob man dafür stehe. Das hat fast schon Comedy-Charakter.
07. Juni 2013: Die vom DEB gesetzte Meldefrist läuft am Freitag, dem 07.06.2013 aus, doch die Fronten sind verhärtet und verlaufen quer durch die Liga. Bietigheim, Heilbronn, Bremerhaven, Rosenheim, Ravensburg, Weißwasser, Dresden und Bad Nauheim wollen die DEL 2, während Kaufbeuren und Riessersee bereits beim DEB gemeldet haben. Dies wird wohl auch Hannover machen, die ihre Lizenz nach Schwenningen verkaufen mussten. Einzig Landshut gibt sich derzeit neutral. Beim Thema „Auf- und Abstieg“ rudert man auf Seiten der DEL 2-Befürworter wieder ein wenig zurück:
Den Auf- und Abstieg zwischen DEL und DEL II soll es allerdings erst „perspektivisch“ geben, „wir müssen uns zunächst wirtschaftlich annähern“, sagte Rudorisch. Zwei Millionen Euro beträgt der durchschnittliche Zweitliga-Etat, die Budgets der DEL-Klubs bewegen sich zwischen vier und acht Millionen Euro.
Das Thema Jugendförderung setzt man aber ganz hoch an – in einer neuen Liga sollen mehr junge Spieler bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Ausländerlizenzen eingesetzt werden.
12. Juni 2013: Nach Ablauf der Frist bleibt dem DEB nun wohl nichts anderes mehr übrig, als eine neue „2 Bundesliga“ zur Saison 2014/2015 anzukündigen. Wie erwartet, haben sich lediglich Kaufbeuren, Riessersee und Hannover für den DEB entschieden, der EV Landshut hat sich noch immer nicht festlegen können. Nun stellt man fest, dass sich „nicht ausreichend Vereine fristgerecht zum 7. Juni gemeldet“ haben. Daher setzt die 2. Liga eine Saison aus, die Teilnehmer der Folgesaison sollen über eine Qualifikationsrunde der Oberligisten ermittelt werden.
12. Juni 2013 – Nachtrag – Nur wenige Stunden nach der DEB-Verkündung reagieren die Clubs der 2. Liga und kündigen ihrerseits an, die Ansprüche aufgrund des Absagens des Ligabetriebs gerichtlich prüfen zu lassen. Zuvor lässt man dem DEB eine Frist bis Donnerstag, dem 13.06. sich zu einer Liga nach alter Form oder einer DEL2 zu äußern. Wie verhärtet die Fronten zu sein scheinen, spricht aus den Äußerungen von Wilhelm Graue (Rosenheim):
Die DEB-Reaktion war zu erwarten und legt für alle Beobachter und Beteiligten einmal mehr ein beredtes Zeugnis dafür ab, dass der DEB weder Willens noch in der Lage ist, sich den aktuellen Themen des deutschen Eishockeys zu stellen, diese anzupacken und zu lösen.
29. Juni 2013: Der Streit ist noch immer nicht geschlichtet, allerdings deuten einige Indizien darauf hin, dass es zu einer außergerichtlichen Einigung kommen könnte. Sowohl die Versammlung der ESBG als auch der Gerichtstermin, der über die einstweilige Verfügung entscheiden sollte, wurden abgesagt bzw. verschoben. Zudem ließ DEB-Präsident Harnos verlauten:
Wir sind der Meinung, dass die Dinge intern geklärt werden sollen und nicht über die Öffentlichkeit ausgetragen werden. Deshalb werden wir über Zeitpläne, Hintergründe usw. uns nicht weiter äußern.
Das klingt immerhin einmal nach einer professionellen Aussage!
02. Juli 2013: Die interne Klärung hat stattgefunden. Unter nahezu konspirativen Bedingungen fanden „hochrangige Gespräche“ statt – was auch immer das bedeuten mag. Immerhin ist von einer „freundlichen Atmosphäre“ die Rede und es wird angedeutet, dass man zu einer Einigung gekommen sei. Die endgültige Bestätigung seitens des DEB, die durch ein rein formelles Gespräch am 01. Juli zustande kommen sollte, steht allerdings noch aus. Dies verärgert die DEL-Vertreter, die nun Unzuverlässigkeit und Missachtung attestieren. Harnos dagegen vertagt die Entscheidung auf das nächste Wochenende.
17. Juli 2013: Kurz vor dem Gerichtstermin kommt es nun doch zu einer Einigung und ein neuer Kooperationsvertrag zwischen DEB und DEL gewährleistet einen geregelten Ablauf der zweiten Liga, die sich fortan „DEL2“ nennt. Die Führung der Liga liegt weiterhin bei der ESBG, die sich aus drei Mitgliedern der DEL2, einem DEB-Abgeordneten und einem Vertreter der DEL zusammensetzen wird. somit verwalten sich die Clubs eigenverantwortlich und die Verzahnung mit den unteren Ligen ist ebenfalls gesichert. In der Saison 2013/2014 wird man mit 12 Teams an den Start gehen, in der Folgesaison wird das Teilnehmerfeld auf 14 Vereine aufgestockt werden.
19. Juli 2013: Erste Details zum Spielbetrieb der DEL2 sickern durch – der Saisonstart wird am 13. September erfolgen. Zunächst wird eine Doppelrunde gespielt, der sich eine Zwischenrunde anschließt. Die besten acht Teams ermitteln im bewährten Playoff-Verfahren im Modus „Best of Seven“ den Meister, während die vier verbleibenden Vereine die 2 Vertreter ausspielen, die sich mit vier Oberliga-Mannschaften um den Verbleib in der dann aufgestockten Liga prügeln werden.
Somit ist das Sommertheater 2013 Geschichte. Als Eishockeyfan, der Streitereien und kleingeistige Zänkereien gewohnt ist, stellt sich dennoch die Frage: War das nötig, liebe Funktionäre? Wieviel lieber wäre es einem doch, wenn Transfergerüchte und Vorbereitungsspiele die Schlagzeilen im Sommer bestimmten!
Unbedingt auch lesen:
- Eine kurze Geschichte der Insolvenzen in der DEL
- Sommertheater 2011
- Spielplan 2011/2012 ohne Dienstags- und Mittwochsspiele