Was momentan dem deutschen Eishockeyfan an Unterhaltung geboten zugemutet wird, ist wieder einmal außergewöhnlich. Der Schwung vom positiven Abschneiden der Nationalmannschaft bei der WM im eigenen Land wird überlagert vom Lizenzgeschachere, von Insolvenzgerüchten und Kleinkriegen zwischen Vereinsfunktionären und DEL- sowie DEB-Vertretern. Um den kompletten Wahnsinn der letzten Wochen noch einmal aufzuarbeiten, haben wir den Zeitraffer angeworfen. Sollte eine Meldung unberücksichtigt geblieben sein, bitten wir um Nachsicht – es waren zuviele (negative) Schlagzeilen!
[fast break: Mai, Juni, Juli, August, September]
06.05.: Gegen die Kassel Huskies wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Mehrheit der DEL-Clubs will die Lizenz verweigern.
09.05.: Die Kassel Huskies reagieren professionell und zeigen in einem offenen Brief mit dem Finger auf andere Vereine: „Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich viele weitere Clubs in einer ähnlichen Situation befinden wie die Kassel Huskies.“ Es handele sich um eine Planinsolvenz.
10.05.: Da die falsche Person bei der DEL die Einladungen verschickte, ist die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig. Die Huskies sehen sich als gerettet an.
14.05.: Auch die Frankfurt Lions klagen über Finanzprobleme.
15.05.: Das Imperium Die DEL schlägt zurück.
16.05.: Zweitliga-Meister EHC München reicht einen unvollständigen Lizenzantrag ein und kann keine Sicherheit für die Lizenzsumme vorweisen. Der Antrag wird von der DEL abgelehnt.
18.05.: Die Kölner Haie müssen eine Finanzierungslücke von 1 Million Euro ausgleichen, zeigen sich aber optimistisch. Gleichzeitig wird der Insolvenzplan der Kassel Huskies von den Gläubigern akzeptiert, durch die Einspruchsfrist von 14 Tagen kollidiert man aber mit dem Termin für die Einreichung der Lizenzunterlagen am 31.05.
24.05.: Nach der für die Deutschen erfolgreichen WM droht DEB-Funktionär Franz Reindl mit dem Rücktritt, falls sich an der Zusammenarbeit mit der DEL in Zukunft nichts ändern sollte. Eine Frist wurde leider nicht verkündet, somit ist Reindl bis heute im Amt.
25.05.: Der EHC München appelliert an die DEL-Versammlung, trotz Fristversäumnis eine Lizenz zu erteilen.
27.05.: Per einstweiliger Verfügung wollen die Huskies eine Abstimmung über ihre DEL-Zugehörigkeit in der DEL-Versammlung verhindern. Der Vorlesung der Verfügung entziehen sich die Vereinsvertreter durch eine stilvolle Flucht durch die Hintertür des Veranstaltungsortes. Kassel wird aus der DEL verbannt. Ach nee, doch nicht.
28.05.: Die Frankfurt Lions stellen ebenfalls einen Insolvenzantrag. Eine neue gerichtliche Verfügung untersagt der DEL, den Ausschluss der Huskies umzusetzen. Diese seien als vollwertige Mitglieder zu behandeln und müssten zum Lizenzierungsverfahren zugelassen werden.
30.05.: Die österreichische Eliteliga EBEL bietet München einen Platz an. In der Liga spielen auch Klubs aus Kroatien, Slowenien und Ungarn.
01.06.: Die DEL legt Beschwerde beim Amtsgericht Kassel gegen das Insolvenzverfahren der Huskies ein. Der Nebeneffekt, dass sich damit das Insolvenzverfahren verlängert, sorgt für Verbitterung beim hessischen Klub. Glaubt man Ligachef Gernot Tripcke, hat das Lizenzchaos am 02.07. ein Ende.
04.06.: Über die Lizenzvergabe an den EHC München wird laut Tripcke in der nächsten Woche entschieden.
05.06.: Die Frankfurt Lions trennen sich von Geschäftsführer Stephan Werner. Erste Meldungen, dass auch Erich Kühnhackl den Verein verlässt, werden später dementiert.
08.06.: Auch Köln soll jetzt gerettet sein, wir sind gespannt!
11.06.: Die für den heutigen Tag angekündigte Entscheidung über die Aufnahme des EHC München wird vom DEL-Schiedsgericht auf den 14.06. verschoben. Durch diese Ungewissheit sieht sich der EHC gezwungen, die Lizenz für drei Ligen zu beantragen. Die EBEL signalisiert eine Fristverlängerung bis zum 18.06.
14.06.: Der DEB untersagt dem EHC München die Teilnahme an der EBEL. Zugleich werden die Bayern aber in das Lizenzprüfverfahren der DEL aufgenommen. Tripckes Begründung:
Anders als die Prüfer der Liga (…) kann das Schiedsgericht die Regelungen der Lizenzordnung in gewissem Rahmen überprüfen und gestaltend wirken. Deshalb konnte das Schiedsgericht in diesem Fall großzügiger sein als die Prüfer.
Gespannt erwarten wir die weitere großzügige Gestaltung der Liga.
16.06.: Für die Frankfurt Lions wird es eng: Bis zum 22.06. muss die finanzielle Tragfähigkeit für die DEL-Lizenz nachgewiesen werden. Die Absichtsbekundungen der Stadt Frankfurt genügten dem Aufsichtsrat der DEL nicht. In Kassel dagegen entscheidet das Amtsgericht zugunsten der Huskies. Der DEL-Antrag gegen das Insolvenzverfahren vom 01.06. wird abgelehnt, das Verfahren kann somit wie geplant fortgesetzt werden.
17.06.: Sieben Mannschaften müssen ihre Lizenzunterlagen nachbessern. Der DEL-Aufsichtsrat lud Vertreter der Vereine aus Berlin, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Kassel, Köln und Krefeld zu einer Anhörung ein. Am 23.06. läuft die Frist für die Einreichung der Nachweise ab.
23.06.: Pünktlich können die Lions ihre Unterlagen nachreichen. Die Stadionmiete wurde reduziert, die noch offenen Rechnungen können die Lions in einem Zeitraum von zehn Jahren beginnend ab 2012 abstottern. In Hannover sieht man sich gezwungen, Gerüchten um finanzielle Probleme entgegenzutreten, die durch die Meisterprämien entstanden sein sollen. Dagegen nehmen sich die gemeldeten 150.000 Euro Verlust der Iserlohn Roosters beinahe bescheiden aus.
30.06.: Am späten Abend sickert der Entzug der Frankfurter DEL-Lizenz durch. Trotz der Zusagen der Stadt sieht man bei der DEL keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegeben und kündigt den Vertrag „einseitig, außerordentlich und mit sofortiger Wirkung“.
01.07.: Einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe wird auch die Verweigerung der Lizenz an die Kassel Huskies wegen des laufenden Insolvenzverfahrens sowie angeblich nicht belegter Sponsorengelder bekannt. Die Antwort aus Kassel läßt keine sechs Stunden auf sich warten: Gegen Tripcke und Aufsichtsratchef Fabel wird Strafanzeige wegen der angeblichen Weitergabe vertraulichen Materials an andere DEL-Vereine gestellt.
Ungerührt vermeldet die DEL-Homepage dagegen:
Die DEL stellt abermals klar, dass die Entscheidungen über die Lizenzierungen für die Saison 2010/2011 erst am kommenden Freitag, 2. Juli, im Rahmen der ordentlichen Gesellschafterversammlung in Köln veröffentlicht werden.
02.07.: Die DEL plant nun offiziell mit 14 Vereinen für die Saison 2010/2011. Während der EHC München trotz des Fristversäumnisses die Lizenz erhält, wird sie Frankfurt und Kassel verweigert. Beide Standorte bleiben aber Gesellschafter der Liga. In Frankfurt beginnt bereits die Suche nach dem Schuldigen, die Kassel Huskies dagegen drohen -für alle Beteiligten sowie für alle Leser dieses Artikels überraschend- mit einer neuen einstweiligen Verfügung gegen den DEL-Ausschluss.
Völlig verworren wird die Situation ein paar Stunden später: Vom Angebot der DEL, alle Themenkomplexe zeitnah vor dem Schiedsgericht zu klären, will man in Kassel nichts gehört haben. Stattdessen schlagen die Hessen selbst eine Verhandlung vor einem noch zu gründenden Schiedsgericht vor und unterbreiten der DEL folgenden generösen Vorschlag:
Da diese Entscheidung jedoch nicht vor Saisonbeginn zu treffen sein wird, soll folgende Regelung gelten. Die Huskies spielen die kommende Saison in der DEL zuende. Sollte das Schiedsgericht während der Saison gegen die Huskies entscheiden, ziehen sich die Huskies nach Saisonende freiwillig aus der DEL zurück.
05.07.: Die Frankfurt Lions akzeptieren den Lizenzentzug und verzichten ausdrücklich auf einen Rechtsstreit. Den Klub belasten Verbindlichkeiten in Höhe von 4,4 Millionen Euro, nach eigener Einschätzung fehlen daher wirtschaftliche Solidität und Perspektive für die Zukunft. Die Huskies dagegen gönnen den Juristen im Landgericht Köln keinen Urlaub und erzwingen per einstweiliger Verfügung die Teilnahme am Spielbetrieb.
Huskies Geschäftsführer Westhelle fordert die DEL auf die Spielpläne für die kommende Saison mit den Kassel Huskies zu erstellen. Ansonsten droht Westhelle den Spielbetrieb der höchsten deutschen Spielklasse zu gefährden.
Eine schnelle Lösung, wie sie die DEL vorschlug, scheint damit in weite Ferne gerückt zu sein.
08.07.: In einem offenen Brief wenden sich die 14 DEL-Vereine an die Öffentlichkeit a.k.a. Sponsoren und Fans, in dem das Vorgehen der Kassel Huskies scharf kritisiert wird.
Die Kassel Huskies nehmen mit ihrer Vorgehensweise und mit ihren Äußerungen in den Medien auch in Kauf, dass sie das Bild der Liga in der Öffentlichkeit sowie das Ansehen von Organen und handelnden Personen der DEL und der Clubs schädigen. Das finden wir ungeheuerlich, das werden wir nicht weiter zulassen!
09.07.: Die Tradition des „offenen Briefes“ kennt man auch in Kassel. Damit nimmt man Stellung zu den Vorwüfen der DEL, die einen Tag zuvor erhoben wurden.
15.07.: Wieder einmal meldet sich das Landgericht aus Köln zu Wort und bestätigt die einstweiligen Verfügungen, in denen der Ausschluss der Kassel Huskies als unwirksam erklärt wurde. Die Hauptverhandlung findet erst am 03. August statt, daher plant die DEL den Spielplan nun mit 15 Vereinen, legt aber auch Widerspruch vor dem Oberlandesgericht ein.
22.07.: Etwas überraschend kommt die Meldung, dass der Standort Krefeld dank einer Finanzspritze von 350.000 Euro gerettet sei. (War die Lage dermaßen kritisch? Aus Krefeld hat man schon länger nichts mehr gehört.) Aufsichtsratvorsitzender Fabel setzt aber die Fans unter Druck: Mindestens 4000 Zuschauer pro Spiel sollten es schon sein, sonst könnte es die letzte Saison der Pinguine werden.
Und kaum ist ein Krisenherd gelöscht, öffnet sich das nächste Finanzloch. Nun sind es die Hannover Scorpions, die immerhin, sollte es jemand vergessen haben, amtierender Meister sind. Der Eigentümer des Clubs Günter Papenburg kündigt an, keine weiteren Mittel in Sportaktivitäten zu stecken, da die Stadt Hannover und die Deutsche Messe AG einer gemeinsamen Betreibergesellschaft der TUI-Arena nicht zugestimmt haben. Der Zeitpunkt der Ankündigung sowie die lässige Reaktion Gernot Tripckes
Der Druck auf die Stadt und das Land sollen wohl noch einmal erhöht werden. Ich glaube, dass es noch nicht so endgültig ist
lassen vermuten, dass innerhalb der nächsten 48 Stunden eine Lösung präsentiert wird.
23.07.: Das DEL-Schiedsgericht weist die Klage der Huskies gegen den Ausschluss ab und bestätigt damit die Rechtmäßigkeit der Lizenzkündigung. Nun drängt die DEL auf eine schnelle Vollstreckung des Schiedsspruches, während man in Kassel bereits ankündigt, gegen den Beschluss wegen Mängeln in der Schiedsgerichtordnung vorzugehen.
Die Hannover Sorpions werden von der Ligenleitung darauf hingewiesen, dass es im Falle des Rückzugs zu Schadensersatzklagen der anderen DEL-Vereine kommen könnte.
27.07.: Obwohl es noch keine Einigung im Streit um die Betreibergesellschaft gibt, beruhigt Geschäftsführer Marco Stichnoth, die angedrohte Lizenzrückgabe sei vom Tisch. Vor Trainer und Mannschaft, die sich zur sportärztlichen Untersuchung einfanden, wurde zudem eine Finanzlücke von 1,6 bis 2 Millionen Euro verkündet. Ein paar Stunden später dagegen rudert man wieder zurück: Man versuche, die Scorpions unabhängiger von Papenburg zu machen und setzt auf Einsparungen, neue Sponsoren und die Fans. Die nochmalige Fristverlängerung der Verlängerung bis zum 02.08. soll einen Schub beim Verkauf der Dauerkarten bringen. Wehe, wenn nicht!
28.07.: Wiederum ein paar Stunden später herrscht Erleichterung im Scorpionslager, als Eigner Papenburg die endgültige Teilnahme des Meisters am Spielbetrieb verkündet – zumindest bis zur nächsten Meldung. Nach einigem Hin und Her scheint damit nur noch der Status der Kassel Huskies ungeklärt zu sein.
03.08.: Die DEL scheitert mit dem Widerspruch vor dem Landgericht Köln gegen die einstweiligen Verfügungen der Kassel Huskies, die gegen den Lizenzentzug und den DEL-Ausschluss eingereicht wurden. Entschieden ist damit aber immer noch nichts, da die DEL vor dem Oberlandesgericht Berufung einlegen wird. Immerhin ist man optimistisch und rechnet mit einer Entscheidung vor dem Ligastart am 03. September…
14.08.: Der Eishockey-Blog hat es zuerst gewußt, nun melden es auch andere Medien: Mit dem sofortigen Rücktritt von Geschäftsführer Wolfgang Schäfer zieht sich auch Hauptsponsor RWE aus dem Sponsoring der Krefelder Pinguine zurück. Welche Summe damit im Etat fehlt, ist unklar, jedoch dürfte die am 22.07. verkündete Unterstützung der Gesellschafter nun nicht mehr ausreichen. Eine offizielle Bestätigung steht noch aus, immerhin hat man aber der Homepage ein neues Design verpasst.
16.08.: Erstaunlich schnell verkündet Aufsichtsratmitglied Wolfgang Schäfer, dass es in Krefeld auf jeden Fall weitergeht. Einen neuen Hauptsponsor gibt es mit den Städtischen Werken Krefeld bereits, auch ein neuer Geschäftsführer soll bald seine Arbeit aufnehmen.
Wir werden die Summe sicher nicht zu hundertprozent ausgleichen können. Aber die Saison ist finanziell gesichert, wenn uns die Zuschauer ausreichend unterstützen.
Ein Ausstieg der Krefelder Pinguine aus der DEL scheint damit vom Tisch zu sein.
24.08.: Das OLG in München bestätigt die Rechtmäßigkeit des DEL-Lizenzentzuges von den Kassel Huskies, den das DEL-Schiedsgericht ausgesprochen hatte. Damit sinken die Chancen auf eine Teilnahme der Hessen am DEL-Spielbetrieb, aber die endgültige Entscheidung fällt zwei Tage später, wenn das OLG Köln über die noch laufenden diversen einstweiligen Verfügungen entscheiden muss. Ein Antrag der DEL liegt bereits vor.
26.08.: Dieser Tag bedeutet wohl das Ende der Huskies-Zeit in der DEL. Ein anfänglicher Kompromissvorschlag wurde von der DEL abgelehnt, somit war klar, dass das OLG Köln der Entscheidung des OLG in München folgen würde. Die Entziehung der Lizenz und das eingesetzte Schiedsgericht waren rechtmäßig, alle von den Huskies eingereichten einstweiligen Verfügungen sind aufgehoben. Auch Huskies-Geschäftsführer Westhelle sieht ein, dass damit „die Huskies faktisch tot sind.“ Zwar werde man vor den Bundesgerichtshof ziehen, aber die Länge dieses Prozesses macht einen Spielbetrieb unmöglich. Bedeutet dies auch das Ende für diesen Beitrag?
12.09.: Auch die letzte Hoffnung der Huskies auf einen Verbleib im Profi-Eishockey ist durch die gescheiterte Aufnahme in die zweite Liga gestorben. Nun versucht man einen kompletten Neuanfang in der Hessenliga. Dagegen werden die Young Lions aus Frankfurt in der Regionalliga West starten – ein gewisser Optimismus scheint an den Main zurückgekehrt zu sein, plant man doch für das erste Heimspiel schon einen Zuschauerrekord…
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Unbedingt auch lesen:
- Keine Punkte für die Haie und Tore satt für die Roosters
- München auf dem Weg in die DEL?
- 39. Spieltag DEL: Erster gegen Letzten, Kellerduell in Hamburg
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Lachen oder weinen? Das Theater zerstört unseren Sport. Westhelle macht sich, ganz Kassel und die DEL lächerlich!
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Man kann sich nur noch mit Grauen abwenden. Das kommt davon, wenn hauptsächlich Juristen das Sagen im Profisport haben. Schade.
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Bemerkenswert:
Die Kölner Haie haben am Freitag die Lizenz für die DEL-Saison 2010 / 11 erhalten, „ohne finanzielle Auflagen“
http://www.ksta.de/html/artike.....4609.shtml
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Ja, das ist interessant – vor allem vor dem Hintergrund der bisherigen Verpflichtungen.
Aber auch der andere K-Verein mit finanziellen Problemen hat die Lizenz erhalten.
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Die Kölner Haie haben am Freitag die Lizenz für die DEL-Saison 2010 / 11 erhalten, „ohne finanzielle Auflagen“
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