2020 stehen endlich die Kunden und ihre Interessen im Mittelpunkt des Ereignisses Eishockey. Störende sportliche Überbleibsel aus der Anfangszeit konnten endgültig ausradiert werden. Besonders für die Veranstalter bringt das Ende nicht nur von Auf- und Abstieg, sondern auch der Qualifikation für die Playoffs und des Kampfes um die Meisterschaft endlich die volle Planungssicherheit. Jeder Austragungsort bekommt das gleiche Stück vom Kuchen ab und alle Ungerechtigkeiten durch regional höheres Publikumsinteresse an unterschiedlichen Standorten konnten ausgeräumt werden.
Vor den Arenen finden sich geschlängelte Warteschlangen wie in Themenparks, wo der Kunde einerseits erfährt, wie viel Geduld er noch aufbringen muss, aber andererseits schon durch die abwechslungsreiche Gestaltung des Wartebereichs abgelenkt wird. Man kann ja nicht erwarten, dass Erwachsene und weniger erwachsene Menschen sich für einen mittelgroßen Zeitraum mit sich selbst beschäftigen. Für Spitzenspiele und Playoffs, wenn die Schlangen besonders lang sind, wurde in jeder dritten Schleife ein Getränkestand samt sanitären Einrichtungen installiert. Es soll dem Kunden im Vorfeld schließlich an nichts fehlen.
Unmittelbar nach Einlass werden die Gäste von den Tourguides empfangen und zunächst auf Gefahren und Verhaltensregeln bei dem bevorstehenden Trip aufmerksam gemacht. Natürlich nicht ohne eine Einweisung in korrektes Jubeln und Supporten. Die Veranstalter wollen ja nicht übermäßig Gebrauch von den, im Betrieb viel zu teuren, animatronischen Stimmungsgeneratoren machen. Der Besucher erfüllt hier eine Funktion!
Wenn die Kundschaft dann die Plätze eingenommen hat und die Sicherheitsbügel geschlossen sowie eingerastet sind – für Stehplätze ist natürlich kein Raum – kann es auch schon losgehen. Das Licht wird gelöscht und wertvolle Verbraucherinformationen gefolgt von Trailern für kommende Ereignisse werden abgespielt. Nach diesen Anregungen für das Konsumverhalten stürmen auch schon die Hauptakteure des Abends in die Halle: PopCorn-, Eis- und Getränkeverkäufer servieren ihre Waren direkt am Platz.
Die folgenden Werbeeinspielungen für Klingelhologramme werden nur sporadisch vom Spielverlauf des ersten Drittels unterbrochen. Sollte dabei ein Spieler aufs Eis fallen, werden die Zuschauer optisch und akustisch an die Einweisung erinnert und haben mit einem kollektiven „Eyyyy!“ zu reagieren.
Die erste Pause, traditionell nach 20 Minuten, steht ganz im Zeichen der Mitmach-Unterhaltung. Eine Gruppe Fans, so genannte Dauernörgler, die es gewagt hatte, Kritik an Spielern, Trainer oder Vereinsführung zu äußern, werden feierlich vor den Augen der ganzen Fan-Gemeinde exkommuniziert. Die ursprünglich kurz angedachte öffentliche Hinrichtung wurde verworfen, weil sie dem Geist des neuen Eishockeys widersprach.
Das zweite Drittel hat einen ganz anderen Charakter als das erste, jetzt stehen Cartoons auf dem Programm. Auch hier gilt wieder, dass die Spielzüge auf dem synthetischen Eisersatz möglichst keinen negativen Einfluss auf das Event haben sollen. Da jeglicher Körperkontakt seit drei Jahren untersagt ist und die neuen Regeln auch befolgt werden (dazu später mehr), fallen auch die lästigen Verzögerungen durch Schiedsrichterpfiffe und Strafzeiten weg. Apropos Strafzeiten, da die Strafbanken nicht mehr benötigt wurden, konnten hier die Premium-Logen eingerichtet werden. Dichter war man nie am Geschehen!
Die zweite Pause bietet neuerlich Abwechslung in der Halle, die Cheerleader haben ihren Auftritt. Da Geschäftskunden weitaus höhere Erwartungen haben, treten für sie natürlich professionelle Gogo-Tänzerinnen in den Logen auf. Abgerundet wird das Programm schließlich, wenn die Belüftung es zulässt, mit einer stets aktuellen Lasershow, eine Technik die auch nach 50 Jahren nicht langweilig wird.
Auch der dritte Programmpunkt verspricht Spannung vom Feinsten, eine Live-Dating-Show lenkt die Eventies im letzten Drittel vom Puck-Geschiebe ab und sorgt für spannende Momente. Wird sich Kevin-Adolf für Sandy, Mandy oder Pam entscheiden? Über diese Frage werden Torschützen und Assistenten zweitrangig.
Nach dem Spiel schließlich kommen die Androiden, welche als Spieler für die Heimmannschaft fungierten (daher die Regeltreue), auch garantiert zu einer Ehrenrunde aufs Spielfeld zurück, da ihnen mangels Emotions-Schaltkreisen das Gefühl für Sieg oder Niederlage fehlt. Und der Ausgang war ohnehin im Vornherein programmiert. Der Zuschauer wird anschließend noch durch den Souvenirshop geschleust, wo er witzige Andenken und tolle Schnappschüsse von sich selbst kaufen kann, die während der Fahrt gemacht wurden.
Das perfekte Event!
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Bis dahin sollte ich mir dringend ein neues Hobby suchen!
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Interessante Zukunftsvision.
Ansätze sind davon ja wirklich schon zu beobachten. Den Bierverkäufer, der wärend des Spiels durch den Block läuft, gibt’s in Berlin schon :-(
Wenn’s wirklich so extrem kommt, geh ich zur Landesliga!
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Ja, den Bierverkäufer mit dem Rucksack gab es auch an der Brehmstraße schon, der gehört sicher zu den nützlichen Innovationen. Seltsamerweise sehe ich den im Dome gar nicht mehr…